Dienstag, 17. Mai 2016

Katholisches Kaffeetrinken

Foto: Norbert Bauer
Katholisch sein wird plötzlich anstrengend. Kaffeetrinken reicht nicht mehr. Über den modernen Jargon der Abwertung.

von Norbert Bauer


Vor kurzem war ich in New York. Dort trinkt man wieder Filterkaffee. In Brooklyn entdeckte ich sogar einen Filterkaffeekurs. Die Frauen und Männer des Seniorenclubs St. Michael hier in Köln müssen diesen Kurs nicht belegen. Sie haben immer Filterkaffee getrunken – mit Kondensmilch. Jeden Dienstag treffen sie sich. 15.00 Uhr Hl. Messe in der Kirche. Anschließend Kaffee im Pfarrheim. Manche kommen auch sofort ins Pfarrheim. Ab und zu ist Programm, gerne ein Diavortrag über ferne Länder. Letzten Advent wurde was Neues gewagt: im Rahmen des Familienzentrums haben die Senioren zusammen mit Kindern eine Krippe gebastelt. Meine Schwiegermutter organisiert in Köln - Flittard auch eine Kaffeerunde. Mittwochsfrüh. Seitdem die hauptamtlichen Seelsorger nicht mehr regelmäßig diesen Gottesdienst leiten können, steht meine Schwiegermutter erst am Ambo in der Kirche, danach an der Kaffeemaschine im Pfarrheim. Und wer von den Damen ihren Geburtstag bei dieser Runde feiern will, bekommt für 20€ ein Sekt- und Lachsfrühstück für alle. Eine moderne, genussvolle Version der Brotvermehrung.

Seitdem die Kirche sich mal wieder neu aufstellen will, steht der Kaffee im Pfarrheim jedoch unter Verdacht. Bei seiner Pfingstpredigt betonte Kardinal Woelki, dass es beim Christentum nicht um „Kaffeekränzchen im Pfarrgemeindesaal ginge“. Und Weihbischof Puff sprach beim Oasentag der Priester gar davon, dass die Gemeinden "verwildert sind, wenn die Senioren Kaffee trinken, die Kinder ins Ferienlager fahren, aber keiner mehr von seinem Glauben sprechen kann.“ Dabei schätzte ich am katholischen Glauben genau das: ich muss nicht ständig darüber reden.
Es mag sein, dass Kaffeetrinken im Seniorenclub nicht das Zukunftsmodell von Kirche ist. Sicherlich müssen andere Kontaktmöglichkeiten geschaffen und neue Vergewisserungs- und Gemeinschaftsformate entwickelt werden. Aber müssen daher den bestehenden und vielen Menschen wichtigen Angeboten mit einem Jargon der Abwertung begegnet werden?  Müssen die Getauften und Gefirmten sich einer Verdachtsrhetorik des Defizitären aussetzen? Vor allem die, die ihren Glauben mit einer unaufgeregten Selbstverständlichkeit leben? Die Frauen beim katholischen Kaffeeklatsch tun schon genau das, was das Aufbruchsmodell „lokale Kirchenentwicklung“ anpreist: selbstverantwortet und partizipativ Gemeinschaft bilden. Aber, höre ich schon den Einwand, wo ist denn da das eigentlich christliche? Kuchenstücke schön und gut. Muss aber nicht auch noch die Bibel geteilt werden?


Ja es stimmt, eine biblische Befragung kirchlichen Handelns ist gut und geschieht vielleicht tatsächlich zu selten. Aber ich bin sicher: Jesus säße mit am  Kaffeetisch. Und wenn kein Pulver für den Filter mehr da wäre, würde er nur aus Wasser einen wohlschmeckenden Kaffee zu kochen.

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